Imago

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16.07.04

- IMAGO –

Von Ulrich Hub

SCHAUSPIELHAUS, SCHLOSSEREI

Köln

Mit Agnes Mann und Tonio Arango

Regie Torsten Fischer

 

Das Leben so einrichten, dass es an nichts fehlt

 

Erst seit einem Monat im Repertoire des Schau-spielhauses Köln ist „IMAGO“ von Ulrich Hub das am 16.6 hier uraufgeführt wurde. Nach „Blaupause“ aus dem Jahre 2002 ist es bereits das zweite Hub-Werk das seine Bühnen-Karriere in Köln beginnt.

Aufführungsort ist wie so oft bei zeitgenössischen Stücken eine Studiobühne – hier die schicke Schlos-serei in der Krebsgasse. Witziges Detail sind die farbigen Pappfächer, die an jeden Zuschauer verteilt werden und mit denen man sich lautlos, aber dennoch sehr effektvoll Luft zufächeln kann. Kölsches Lokal- kolorit wahrscheinlich, bei der Hitze jedoch recht nützlich.

Das Zweipersonenstück ist auf den ersten Blick betrachtet nur eine Ansammlung mehrerer Gespräche zwischen IHM und IHR, die sie in SEINER Küche führen. ER ist ein gescheiterter Schriftsteller, der sich nun als treusorgender Vater und Ehemann um den Haushalt und die Tochter kümmert. SEINE Frau ist beruflich erfolgreich und aus verschiedenen Gründen selten zu Hause. SIE ist die beste Freundin des Ehepaares, sie feiern sogar zusammen Weihnachten.

SIE trinkt mit IHM abends Wein in der Küche und sie unterhalten sich über das Leben, die Ehe, über Sex. So weit, so gut.

Dann zeigt ER IHR Fotos von SEINER Frau bei erotischen Abenteuern mit fremden Männern, die ER heimlich geschossen hat. SIE ist davon genauso fasziniert wie ER. Es entwickelt sich zwischen beiden eine Spannung, die im Laufe neuer Gespräche mit neuen Fotos immer weiter eskaliert und schließlich in teilweise heftigen Vergewaltigungs-Szenen endet, die in ihrer Brutalität und ihrem „Blut-Spritz-Faktor“ an den Berliner Skandal um die Inszenierung der „Entführung aus dem Serail“ von Calixto Bieito erinnern. Nichts für Kinder unter 16.

IMAGO ist ein packendes Stück, bei dem der Zuschauer ständig auf der Hut sein muss. Ist SIE vielleicht doch SEINE Ehefrau und sind ihre Geschichten doch nur ein gemeinsames Spiel?

Glaubt der Zuschauer endlich sicheren Boden unter seinen Füßen oder ruhiges Fahrwasser erreicht zu haben, hält er im nächsten Augenblick den Atem an ob einer plötzlichen Wendung oder dramatischen Zuspitzung der Handlung. Keine leichte Kost, aber fesselnd.

 

Das Schauspieler-Duo überzeugt in diesem gerade durch die hier so enge Studio-Bühne sehr intensiven Stück ganz besonders. Erfreuliche Nachricht: Die hinreißende Agnes Mann wird ab der nächsten Saison festes Ensemblemitglied am Kölner Schauspielhaus!

 

Premiere von IMAGO in Dortmund war am 17.6, die österreichische Erstaufführung folgt am 15.9 am Wiener Burgtheater. 2005 hat dann das „Das Schlafzimmer von Alice“ am Staatstheater Darmstadt Uraufführung. Das lässt hoffen. Nur weiter so! Mehr Hub auf deutschen Bühnen!

 

 

 

 

 

Demian Köster

 

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